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7 1/2 Wochen

Es geht noch ganz schön rund bis Jahresende. Nachdem ich meinen Schreibtisch rudimentär aufgeräumt habe konnte ich auch ungehindert einen Blick in meinen Terminkalender werfen. Bis Jan und ich endlich wieder die Gelegenheit haben in 7  1/2 Wochen Sylvester auf den Bahamas zu verschlafen, werde ich noch ein paar Mal die Koffer packen.

1EsplanadeDPM

Übernächstes Wochenende findet die Deutsche Pokermeisterschaft statt. Gott sei Dank in Hamburg, ich kann mit dem Packen der Handtasche vorlieb nehmen und schnell aus dem Büro rüberflitzen. Letztes Jahr hatte ich mich nachhaltig geweigert daran teilzunehmen, die Veranstaltung in Berlin 2006 hatte mir an Erfahrungswerten gereicht. Dieses Jahr soll es deutliche Verbesserungen geben, kein Pre-SNG mehr erforderlich sondern ein Direkt-Einkauf ist zusätzlich möglich und somit ist es keine reine „Norddeutsche Pokermeisterschaft“ mehr. Es soll einen externen Turnierleiter geben, der die Struktur verbessert haben soll und für reibungslosen Ablauf sorgt. Jan und ich werden es wagen und am Starttag 1 A, Donnerstag, teilnehmen. Sollte ich ausscheiden, komme ich einigermaßen gemütlich am Freitag oder Samstag nach Warschau, falls nicht, muss es ohne Schlaf aus der Esplanade am Sonntag früh in den Tag 1 B Warschau gehen. Cashgame zwischendurch. Mein Reiseagent hat schon graue Haare und rät dringend zu einem privaten Transportunternehmen. Das ist auch eine ganz lustige Angelegenheit. Ich hatte mal das Vergnügen mit dem Schlagersänger Roland Kaiser in seiner Privatmaschine von Hamburg nach Sylt zu fliegen. Das Ding war wie ein ausgeschlachteter VW-Käfer und Roland hatte als Orientierung den Shell-Atlas auf dem Schoß, weil die Anzeigen nicht richtig gingen.

1_WPTPreise und Finalisten für WPT Dortmund

Dann steht noch Prag auf der Liste und ich schiebe vor Weihnachten das Finale der WPT in Dortmund ein. Eher unfreiwillig – ich bin als Bounty verlost. Mögliche Gewinne sind zu stiften und ich soll möglichst alle happy machen. Erinnert mich irgendwie an BTS.

Aber auf ein Mal Kofferpacken freue ich mich ganz besonders: Am 5.12., einen Tag nach unserer IntelliPoker-Weihnachtsfeier, findet der Nationen Wettkampf in Bregenz – Österreich statt. Poker ist ja eigentlich kein Mannschaftssport, alles Egomanen, Egoisten, Eigenbrödler und Einzelkämpfer. Um so spannender ist es, wie sich ein Pokerspieler als Team-Mitglied präsentiert und ob er seine ganz eigenen, persönlichen Präferenzen unterordnen kann und somit eigentlich die ur-eigensten Eigenschaften als Pokerspieler ein Stückchen weit aufgibt. PokerStars erlaubt mir ja leider keine Beteiligung an „fremdgebrandeten“ Turnieren, aus diesem Grund hatte ich bisher nur eingeschränkte Möglichkeiten an einer Teilnahme. Meine erste Erfahrung dieser Art war der TV Nations Cup in Cardiff 2006. Damals war ich noch nicht für PokerStars tätig und Michi Keiner hatte mich dazu eingeladen. Es war eine tolle Erfahrung und wir hatten einen Höllenspaß. Hier gibt es noch mal ein altes Bild aus meinem Archiv. Es ist eine Aufnahme aus dem Greenroom, in dem die Teams der  jeweiligen Spieler den Heat live hinter den Kulissen mit verfolgen können. Bitte schaut Euch die Gesichter meiner Teammitglieder an, die wehrlos zusehen müssen, wie ich einen (am Ende gelungenen) Bluff durchziehe.

1_CardiffKatja macht n´ Move

Basti betet Rosenkränze, seine Freundin hat vom Pressen weiße Handknöchel, Andy Krause kriegt Zahnschmerzen, Martin Wendt unterbricht interessiert seine Sportwetten und Christoph Haller schaut wie ein angefahrenes Reh im Scheinwerferlicht. Michi  Keiner war wahrscheinlich rausgerannt um sich eine Beruhigungs-Zigarette anzustecken.

Selbst wenn wir heute zusammensitzen und die alten Stories aufwärmen, lachen wir uns immer noch kringelig. So auch beim Abendessen in Budapest wo Michi, Andy und ich draußen unter gemütlichen Heizstrahlern die Speisekarte hoch und runter essen. Letztes Jahr um diese Zeit gab es nämlich das erste Mal den kleinen Nationenkampf in Bregenz und wir nutzen die Gelegenheit um Revue passieren zu lassen. Es nahmen 4 Länderteams a 6 Spieler teil und um das Ganze ein wenig aufzupeppen wurden 3 SNG´s gespielt, 8-handed in den Varianten 7-Card Stud, PLO und NLHE. Anschließend ein Finaltisch. Es war eine Stimmung wie auf dem Fußballplatz. Da die Teams nicht abgeschirmt in einem Greenroom saßen, sondern nah am Geschehen sein konnten, wurden die spielenden Kollegen natürlich mit Zwischengeschrei, Anfeuerungsrufen und Schlachtgesängen unterstützt. Letzteres fiel mir persönlich besonders leicht, da ich mit den „feindlichen Lagern“ Unmengen von „Forever“ Rotwein im Casino-Restaurant getrunken hatte.

1_Team_DBregenz Team 2007

Dieses Jahr wird es eine kleine Modifizierung geben. Es werden insgesamt 8 Teams starten, 2 aus jeweils einem Land a 4 Spieler. Das bedeutet, dass alle Teams, obwohl sie teilweise aus einem Land stammen, auch gegeneinander spielen werden. Die Zusammensetzung „meines“ Teams weiß ich natürlich. Ob ich aus taktischen Gründen die Teilnehmer verraten darf ist mir jetzt gerade unklar und deswegen mache ich es an dieser Stelle auch nicht. Michi Keiner ist der Kapitän – soviel steht fest und dürfte für niemanden ein Geheimnis sein.  Anschließend werden wir alle wahrscheinlich nahtlos nach Prag pilgern um dem Pokergott unsere Opfergaben zu bringen. Apropos nahtlos: Letztes Jahr bin ich zusammen mit Andy Krause direkt von Bregenz nach Paris gereist. Eigentlich hatte ich keine Lust, da aber Andy und ich für den European Poker Award im Aviation Club nominiert waren, habe ich mich bequatschen lassen. Schnell einen Flug gebucht und los ging es morgens um 4 von Bregenz in Richtung Flughafen München. Wir hatten die ganze Nacht Poker gespielt, Rotwein getrunken und waren eigentlich eher reif für Zähneputzen und Nachthemd.

Ich werfe also schnell meine Klamotten in die Reisetasche, mache mit dem Nachtwächter einen Quick-Check-Out und Andy steuert seinen Mercedes mit sich, mir und unserem Monstergepäck auf die Autobahn. Regenwetter, eigenwillige Straßenführung, zickiges Navi. Irgendwie sind wir ja als Pokerspieler oft in der Situation improvisieren zu müssen und haben auch gleich die Gelegenheit dazu, als wir feststellen, dass wir erstens sowieso schon zu spät sind und zu allem Überfluss die Einfahrt zum richtigen Parkhaus am Münchner Flughafen verpasst haben. Gerade noch sehen wir das Schild an uns vorbeirauschen, da biegt Andy einfach in das nächst Gelegene ab. „Jetzt aber keine Experimente, keinen falschen Fahrstuhl zum falschen Terminal, wir gehen einfach direkt über die Straße.“ Direkt über die Straße heißt in diesem Fall direkt über die Autobahn. Diese trennt nämlich das Parkhaus vom Flughafen. Nachdem er sich die Nummer seines Parkplatzes an einer sehr ungewöhnlichen Stelle notiert hat rennen wir also nach oben und stehen an dem Autobahngrünstreifen wie die Rennpferde in der Startbox zum Großen Preis von Aachen. Der Unterschied ist, dass wir keine leichten Jockeys auf dem Rücken haben sondern Monstergepäck am Handgelenk. Gott sei Dank hatte ich im Hotelzimmer meine Stilettos noch gegen Boots ausgetauscht. Es regnet in Strömen, Autos rauschen mit Endgeschwindigkeit an uns vorbei und wir hören quasi schon den „Last Call for Mr. Krause und Mrs. Thater“.

„1 -2-Los!“.

1_Tumi

Ich denke nur „Scheiße, das ist ja wie Preflop all-in ohne Karten“ und sehe schon die Schlagzeile in spe des Münchner Merkurs:„Bad Beat an der Autobahn – 2 Pokerspieler unterm Laster“. Natürlich versagen während des Gerennes die Rollen meines TUMI-Koffers und das Ungetüm kippt um. Die nette Verkäuferin hatte mir damals „Lebenslange Garantie“ zugesagt. „Schönes Ding“, dachte ich nur, „die halten wenigstens was sie versprechen, mein Koffer und ich werden gemeinsam sterben.“Es kam nicht dazu und TUMI hat jetzt ne Reklamation am Hals.

Die Dinger sind ja lebensgefährlich!

Auf den Schreck hin setzten wir uns ins Käfer´s und bestellen morgens um 6 h Weißbier mit Weißwurscht  plus Nachschlag. Der Flug hatte natürlich Verspätung und wir konnten auch noch ohne weiteren Stress das Übergepäck deklarieren.

In nächster Zeit wird mein Schatz ein paar Mal dabei sein und ich freue mich riesig, dass wir gemeinsam auf Pokerreisen sein werden. Das ist auch fast das einzige Argument welches ihn mit großer Wahrscheinlichkeit vom Schreibtischstuhl trennen kann. „Nur“ verreisen geht bei ihm gar nicht, ich krieg ihn ja nicht Mal im Sommer für ein paar Stunden an die Ostsee. „Ist da Internetanschluss im Strandkorb?“. Aber Turnierserie in Bregenz, anschließend EPT Prag und Bahamas ist für ihn ein Grund mal das Büro zu verlassen.

1StrandkorbJan im einzigen Strandkorb, der zumutbar ist: Casino Schenefeld 12/ 2005

Mal schauen ob wir diesmal gemeinsam über Autobahnen rennen, „Forever“ bis zum Umfallen trinken und in Prag für die Banane am Pokerspieler-Buffet immer noch 4 EUR bezahlen müssen. Letztes Jahr standen Marcus Golser und ich sprachlos an der Kasse. Ben Kang sagte treffend zu der Abzocke in Prag: „Im Cashgame bin ich vorne, gehe aber wahrscheinlich an den Getränkepreisen broke.“

Jan wird´s gefallen.

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